Ich bin Silke …

… Mutter zweier Töchter, Beraterin und Coach, leidenschaftliche Sängerin und Bretagne-Liebhaberin aus einer kleinen Stadt am Niederrhein. In diesem Blog berichte ich über unser Leben nach dem Tod meines Mannes. Es ist in erster Linie meine Geschichte und zeigt meinen Blick auf Themen wie Verlust, Trauer, Liebe, Dankbarkeit, Hoffnung und auch Glück. Ich hätte mich damals über einen Blog wie diesen gefreut. Für die vielen Stunden am Abend, wenn Einsamkeit und Trauer mich wachgehalten haben. Als ich dachte, es wird nie wieder gut.

Mein Mann Jörg starb 2012 im Alter von 44 Jahren an Krebs. Damals war ich 39 Jahre alt und unsere Töchter gerade drei und sechs. Ein Jahr lang kämpften wir um sein Überleben. Ein Jahr voller Hoffnung und voller Ängste, voller Schmerzen und Kraftlosigkeit. Jörg verbrachte das gesamte Jahr zu Hause und fuhr nur zur ambulanten Chemotherapie in die Universitätsklinik nach Essen. Die anschließenden Nebenwirkungen durchlitt er zu Hause. Nach einer kurzen Verschnaufpause im Frühjahr ging es ihm ab Sommer Woche für Woche schlechter. Im Oktober musste er nach einem Erstickungsanfall ins Krankenhaus, wo er fünf Tage später starb - mit seinem Vater, seinem Bruder und mit mir an seiner Seite.

Ein ganzes Dorf

Es gibt ein altes afrikanisches Sprichwort: “Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.” In unserem Fall stimmt das tatsächlich.

Von Anfang an gingen wir gegenüber unseren Freunden offen mit der lebensbedrohlichen Krankheit um. Solange es kräftemäßig für Jörg möglich war, hatten wir unsere Freunde stets um uns. Das hat uns sehr gestärkt. Als nach Jörgs Tod meine Reise als alleinerziehende und alleinverantwortliche Mutter unserer Töchter begann, waren all die Freunde weiterhin an unserer Seite. Meine Eltern waren bereits verstorben, mein Vater erst drei Monate vor Jörgs Tod. Oft war ich am Rande meiner Kräfte: Die Kinder, der Job, das Haus, die Millionen Dinge, die tagtäglich erledigt werden wollten. Die unendliche Traurigkeit in den wenigen ruhigen Stunden am Abend, die Erschöpfung … Ohne die Unterstützung unseres Netzwerks wäre so vieles nicht möglich gewesen.

“Das Jahr auf der Couch”

So nenne ich das Jahr von der Diagnose bis zum Tod. Jörg verbrachte die meiste Zeit auf unserer Couch, wenn es ihm gut genug ging. Dort spielte er mit unseren Kindern, las Geschichten vor und hörte ihnen zu. Auf der Couch führten wir beide die tiefgründigsten Gespräche, hofften und weinten und schwiegen gemeinsam. Dort verbrachten wir Jörgs letzte Augenblicke zu Hause.

Ich bin dankbar für dieses Jahr. Auch wenn es das schwerste meines Lebens war. Ich bin zutiefst dankbar, dass wir Zeit hatten, uns voneinander zu verabschieden. Wir konnten uns alles sagen - das größte Geschenk - und am Ende sogar unseren Frieden mit dem bevorstehenden Tod machen.

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Live life to the fullest

Unsere Töchter und ich leben heute ein glückliches und erfülltes Leben. Sie sind zu selbstbewussten und feinfühligen Menschen herangewachsen, die beide auf ihre Art viel Ähnlichkeit mit Jörg haben. Ich selbst habe nach vielen anstrengenden Jahren mein eigenes Leben wieder mehr in den Fokus gerückt und mich nach 20 Berufsjahren beruflich noch einmal neu orientiert. Auch wenn es sich seltsam anhört: Jörgs Tod hat mich Stück für Stück näher zu mir selbst gebracht.

Mein Leben unter dem Vorzeichen des Verlustes hat mich gelehrt, wertzuschätzen, was ist. Im Moment zu leben und dankbar zu sein. Jörg selbst hat genau so gelebt - als hätte er immer schon geahnt, dass ihm nicht viel Zeit vergönnt war.

In einem unserer letzten Couch-Gespräche habe ich ihm versprochen, mein Leben voll auszukosten. Nach vorn zu sehen und wieder glücklich durchs Leben zu gehen. Damals konnte ich mir nicht vorstellen, dass mir das jemals gelingen könnte. Doch nicht zuletzt wegen dieses Versprechens und um sein Andenken zu bewahren habe ich mich genau auf diesen Weg gemacht.